Seminar 1 in Glosa

(R. Gaskell, September 1995; deutsch: M. Springer, 2000-2002)


Wörter

Wörter repräsentieren in Glosa Konzepte, in der Tat, es sind "Konzept/wörter" (concept/words). Sie repräsentieren Ideen, aber, je nach ihrer Stellung im Satz und ihrer Beziehung zu anderen Wörtern, können sie diese Idee in ihrer körperlichen Form als Substantiv (solid form: noun), in der aktiven Form als Verb (active form: verb) oder als ein Veränderer einer anderen Idee als Adjektiv oder Adverb (modifier: adjective, adverb) darstellen.

Die Wörter werden durch Grammatik nicht verändert. Der Sinn eines Satzes ergibt sich nur aus der Bedeutung und der Stellung der Wörter. Das bedeutet, dass die Wörter, sofern das vernünftig ist, als jede Wortart verwendet werden können. Es gibt keine Buchstaben oder Endungen, die die Wortart kennzeichnen (keine "Part-of-Speech markers"). Außerdem werden den Wörtern, die als Verben benutzt werden, keine Endungen angehängt, um anzuzeigen, wie oder wann eine Aktion stattfindet (keine Konjugation). Es gibt in Glosa gar keine Beugungen (inflections), also auch keine Deklination von Wörtern, die als Adjektive oder Substantive gebraucht werden.

Die Reihenfolge der Wörter (Syntax) gibt in Glosa die Funktion an. Deshalb kann man die Sprache als "syntax-basiert" bezeichnen.


Phrasen

Die Phrase ist eine kleine Wortgruppe. Sie ist die Grundeinheit einer Satzkonstruktion in Glosa. Eine Phrase kann einen Gegenstand beinhalten und etwas Beschreibung dazu (noun phrase, Nominalphrase). Oder eine Phrase könnte eine Aktion enthalten und einige Modifikationen zu dieser Aktion (verb phrase, Verbalphrase). Eine Phrase am Anfang (oder Ende) eines Glosa-Satzes könnte die Aktion des Satzes näher beschreiben (adverbial phrase, Adverbialphrase).

Innerhalb einer jeden Phrase wird jedes Wort von dem Wort davor modifiziert. Die Wichtigkeit steigt von Wort zu Wort an. Das Hauptkonzeptwort (Nomen oder Verb) steht am Ende der Phrase.


  z. B.  Die drei schnellen, lauten, roten Autos       (noun phrase)
         plu tri celero fo-sono rubi vagona


                                                       (verb phrase) 
         haben fortwährend schnell und aufgeregt laut getönt  
         pa du celero e excita fo-sono dice


         während der Fahrt                             (adverbial phrase)
         tem kursi

Beim Sprechen werden Phrasen als eine Gruppe gesprochen, oft mit einem von Anfang zum Ende Ansteigen und dann Senken der Stimme (Tonhöhe). In geschriebener Form werden Anfang und Ende der Phrase, wenn es für das Verständnis notwendig scheint, durch Zeichensetzung (Kommata) deutlich gemacht.

[Ein Kommentar von Syd Pidd, geschickt an Glosalist, 2002-04-14:
... Die Verwirrung geht mit den "pre modifiers" (vorgehenden Modifizierern) "tri celere fo-sono rubi" los.
Beide, Robin und Marcel vermittelten den Eindruck, die vorgehenden Modifier modifizieren das folgende Wort. "rubi (Mods) vagona" OK.
"fo-sono (Mods) rubi", ich vermute hellrot kann als "schrill" beschrieben werden ...?
"celere (Mods) fo-sono" ein schnelles Geräusch ??
"tri (Mods) celere" ?????
Ein "sehr lang- haariger Mann" könnte okay sein: sehr lang + lange Haare + haariger Mann
Sorry Robin, ich denke, du brauchst "plu tri e celere e fo-sono e rubi vagona". tri, celere, fo-sono e rubi, alle haben gleichen Status und alle modifizieren "vagona".
"ein großer und sehr langhaariger Mann" ........
"u alti e fo longi triki andro"
Es könnte eine Sache des Stils sein, ob man wiederholtes "e" benutzt oder die englischen/deutschen Kommata "a, b, c, und d", aber bloße Leerschritte würden eine Kette von Modifizierern bedeuten, die sich gegenseitig modifizieren.]


Sätze

Ein Satz (clause) ist eine größere Wortgruppe, die zwei - nämlich eine Nominal- und eine Verbalphrase - oder mehr Phrasen enthält. So ein einfacher zwei- oder drei-Phasen-Satz kann auch schon ein komplettes Satzgefüge (sentence) darstellen und wird dann "major clause" genannt. Ein Satz, der immer mindestens eine Verbalphrase enthält, könnte die Bedeutung der Aktion des Hauptsatzes ergänzen (adverbial clause, Adverbialsatz), könnte einen der Gegenstände im übergeordneten Satz näher beschreiben (adjectival clause), oder es kann eine Wortgruppe mit einem Prädikat sein, die anstelle einer Nominalphrase verwendet wird (noun clause, Nominalsatz).

Beispiele:


   Der Junge kommt an.                                     (major clause)
   U ju-an pa ariva.


   Das Mädchen geht nach (ihrem) Hause.                    (major clause)
   U ju-fe pa ki a fe domi.


   Der Mann wird die Mahlzeit essen.                       (major clause)
   Un andra fu vora u vora. 


   Sie sprach so laut, dass sie gehört wurde.              (adverbial c.)
   Fe pa ta sono dice ke fe pa gene ge-audi. 
                 ~~~~ <-- ~~~~~~~~~~~~~~~~~


   Das Mädchen kam heim, nachdem sie eine gute Mahlzeit gegessen hatte.
   U ju-fe pa ki a fe domi, po fe pra vora u boni vora.    (adverbial c.)
              ~~   <---     ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


   Der Junge, der dick und schlecht gekleidet war, kam an.
   U ju-an; qi pa es paki e mali ge-vesti, pa ariva.       (adjectival c.)
     ~~~~~ <-- ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


   Ich mag von Zuhause weg kommen.
   Mi amo gene ab u domi.                                  (noun c.)
          ~~~~~~~~~~~~~~


   Der Bauer hoffte, dass es regnen würde.
   Un agri-pe pa spera: ke id sio pluvi.                   (noun c.)
              ~~~(V)~~  ~~~~(O)~~~~~~~~


Reihenfolge im Satz

Die normale Reihenfolge in Glosa ist die gleiche wie im Englischen.
 Main Clause =   noun phrase    -    verb phrase     -    noun phrase
                  (SUBJECT)            (VERB)              (OBJECT)


              Handelnder             Handlung         Gegenstand der Handlung

z. B.               Er                 verschickt          einen Brief. 
                    An                 posta               u grama.
Es gibt hauptsächlich drei Variationen davon: Sätze ohne Objekt (intransitives Verb), Sätze, bei denen der Sprecher oder Schreiber aus stilistischen Gründen ein Objekt duch Anfangsstellung hervorheben möchte (Passiv) und Nominalsätze ohne Subjekt (Infinitiv).
z. B.   Sie (NP)    sang. (VP)                 Fe pa kanta.
       (SUBJEKT)    (VERB)


        Der Brief     wurde geschickt     von einem Mann.
         U grama      pa gene ge-posta     ex un andra.
                     (did get got-post)
         (OBJECT)         (VERB)                (SUBJECT)


                         - laufen           auf nassem Gras
                         kursi              epi ge-hidra gra
                          (VERB)                 (OBJECT)

Weil die Glosa-Grammatik von der Wortstellung abhängt, funktioniert Glosa am besten, wenn man sich an den normalen S-V-O-Aufbau (Subjekt-Verb-Objekt) hält. In Dichtung, Erzählung und so weiter sind Variationen aber aus stilistischen Gründen notwendig.


Funktionswörter

Funktionswörter sind die kleinen Wörter, die keine Konzeptwörter sind, die aber diese Wörter verbinden (Konjunktionen), uns in eine Phrase oder Satz führen (Präpositionen), verneinen, Fragen einleiten oder die das Tempus einer Handlung bestimmen, wenn sie vor einem Verb stehen (tense particles). Außerdem gibt es noch kleine Wörter vor Nomen, die sie als Nomen kennzeichnen (Artikel) und uns sagen wie viele/viel von ihnen da sind ("determinant").


   Bindewörter:  e, sed, pluso, alo, ni


   Präpositionen: tem, a, ex, de, anti, seqe, po, pre, vice, krom ....


   Verneinungen: ne, nuli, no-, ni ... ni, nuli-


   Fragen: Qe, qestio, qod, qo-


   Zeit-Partikel: pa, fu, du, nu, pra, sio, ge-, gene


   "Nomen-Bestimmer": u, plu, plura, uno, vario, poli, oligo, u mero de


Satzgefüge

Wenn man all das oben gesagte zusammennimmt, kann man in Glosa wie auch im Deutschen Satzgefüge aus verschiedenen Kombinationen von Phrasen und Sätzen aufbauen, solange die Subjekt-Verb-Objekt-Regel nicht verletzt wird. In Glosa muss außerdem noch die Forderung beachtet werden, dass Wörter in Phrasen der Regel der zunehmenden Wichtigkeit folgen mit dem wichtigsten Konzeptwort als letztem.

Wenn ein Satzgefüge nur aus Phrasen besteht und es nur ein einzelnes Prädikat gibt, wird der Satz als "major clause" bezeichnet. Wenn es zwei oder mehr Prädikate gibt, dann bildet das Verb, das die Haupthandlung beschreibt den Hauptsatz (main clause) und die anderen Sätze (noun clause, adverbial clause, adjectival clause) die Nebensätze (subordinate clause). Das gesamte Satzgefüge kann auch als "major clause" aufgefasst werden.

Das Geheimnis einer guten Satzformation liegt in der Verwendung gut gestalteter Phrasen, um Satzgefüge mit ihren wesentlichen Nebensätze aufzubauen.


Vorrang in Phrasen

Regel:
In einer Phrase wird ein Wort von dem Wort davor (Vorgänger, precedent) beeinflusst.

Regel:
In einem normalen Satz (major clause) will die erste Nominalphrase (Subjekt) auf die Verbalphrase (Verb) wirken und die dann auf die zweite Nominalphrase (Objekt).

Regel:
Ein beeinflussender Satz (modifying clause, also adjectival c. oder adverbial c.) folgt direkt dem Konzeptwort, das es beeinflusst. Diese Struktur wird mit dem Setzen eines Semikolons (;) angezeigt oder auch mit einem Kolon (:) vor dem neuen Satz.

In einer Nominalphrase ist die Reihenfolge:

           determinant  -  number  -  quantity  -  modifier(s)  -  noun

  z. B.:      plu tri no-ge-numera, fo sono, no-puri ju-an

              die drei ungezählten, schimpfenden, dreckigen Jungen

Anmerkung: ein Konzeptwort, das als Nomen benutzt wird, ist das einzige unbedingt erforderliche Element einer Nominalphrase.


In einer Verbalphrase ist die Reihenfolge:
                                                    |   verb
  negative - tense - modifier(s) - auxiliary verb - |      oder
  particle                                          | verboid + amplifier

  z. B.                   ne pa hedo, no-soni tenta | kursi
                                                    | ki ana


                  hat nicht fröhlich leise versucht | zu laufen
                                                    | hinauf zu gehen

Noch einmal angemerkt: das Konzeptwort, das als Verb verwendet wird, ist das einzige Element einer Verbalphrase, das unbedingt notwendig ist.



Zu Seminar 2.